Keine Gültige Freimachung Für Den Versand Ins Ausland

Die Unglaubliche Reise des Briefes, der nicht ins Ausland wollte

Stell dir vor: Du schreibst einen Brief. Einen richtig herzlichen, vielleicht sogar kitschigen Brief. An Tante Erna in Kanada, an den Brieffreund aus der Schulzeit in Argentinien oder an den geliebten Kater, der jetzt bei deinen Eltern in Italien wohnt (ja, manche Leute schreiben ihren Tieren Briefe!). Du steckst ihn in einen Umschlag, klebst ihn sorgfältig zu und dann… dann kommt das Drama.

Das Drama mit dem Stempel. Genauer gesagt, mit der „Keine gültige Freimachung für den Versand ins Ausland“-Katastrophe. Dieser kleine, aber mächtige Satz kann Tränen in die Augen treiben – oder zumindest ein resigniertes Seufzen hervorrufen.

Aber was, wenn wir uns vorstellen, dass dieser Brief einfach… rebellisch ist? Dass er sich weigert, die heimatliche Postfiliale zu verlassen? Dass er sich in seinem kleinen Papp-Zuhause einkuschelt und flüstert: „Nein, ich will nicht über den großen Teich! Ich will lieber hier bleiben, wo die Briefkästen rot sind und die Postboten pünktlich kommen.“

Vielleicht hat der Brief Angst vor dem Flugzeug. Stell dir vor, die Turbulenzen! Oder die fremden Gepäckstücke, die ihn quetschen! Vielleicht fürchtet er auch die fremden Sitten und Gebräuche im Ausland. Was, wenn die Kanadier ihre Briefe nicht so wertschätzen wie wir? Was, wenn die Argentinier ihn mit Tango-Musik beschallen, bis er Kopfschmerzen bekommt? Und was, wenn der Kater in Italien ihn nur ableckt und für ein seltsames Spielzeug hält?

Oder vielleicht ist es einfach nur Heimweh. Der Brief hat sich an den Geruch des deutschen Papiers gewöhnt, an das Knistern des Umschlags, an die vertrauten Kritzeleien deiner Handschrift. Er will keine neuen Gerüche, keine fremden Buchstaben, keine unbekannten Länder.

Es gibt natürlich auch die pragmatische Erklärung: Du hast einfach die falsche Briefmarke gekauft. Oder vergessen, überhaupt eine Briefmarke aufzukleben (kommt vor!). Aber wo bleibt da der Spaß?

Denk mal drüber nach: Jeder dieser Briefe, der an der „Keine gültige Freimachung“-Hürde scheitert, hat eine kleine Geschichte zu erzählen. Vielleicht ist es die Geschichte der vergessenen Liebe, die sich nicht überwinden konnte, die Entfernung zu überwinden. Vielleicht ist es die Geschichte der hektischen Mutter, die zwischen Windeln wechseln und Abendessen kochen einfach vergessen hat, die Briefmarke zu kaufen. Oder die Geschichte des verliebten Teenagers, der so sehr mit dem Verfassen der perfekten Liebeserklärung beschäftigt war, dass er die banaleren Aspekte des Briefversands komplett ignorierte.

Einmal habe ich gehört, dass ein Postbote in Bayern, nennen wir ihn mal Herr Meier, alle Briefe mit diesem Stempel in eine separate Kiste gelegt und am Abend den Kindern aus der Nachbarschaft vorgelesen hat. Er erfand Geschichten über die fernen Länder, in die die Briefe hätten reisen sollen, und über die Gründe, warum sie doch lieber zu Hause geblieben sind. Aus den Briefen, die „Keine gültige Freimachung“ trugen, wurden so Abenteuerromane für kleine Ohren.

Und was lernen wir daraus? Vielleicht, dass das Leben manchmal kompliziert ist. Dass selbst der einfachste Akt, wie das Versenden eines Briefes, Stolpersteine bereithalten kann. Vielleicht aber auch, dass es in diesen kleinen Fehlern, in diesen unerwarteten Wendungen, die Magie des Alltags liegt. Dass ein Brief, der nicht ins Ausland will, uns mehr über uns selbst erzählen kann, als wir je für möglich gehalten hätten.

Also, das nächste Mal, wenn du diesen Stempel siehst, ärgere dich nicht. Lächle. Und stell dir vor, welche abenteuerliche Geschichte dein Brief gerade erlebt. Vielleicht gründet er ja gerade eine WG mit anderen heimatverbundenen Briefen in der örtlichen Postfiliale. Wer weiß?

Und vergiss nicht: Tante Erna in Kanada freut sich trotzdem über eine E-Mail. Oder einen Anruf. Oder vielleicht... einen Besuch!

P.S.: Kontrolliere lieber nochmal die Briefmarke. Nur für alle Fälle.